Puch M125
Puch M 125 (Autor: Franz Farkas)
Der letzte Mohikaner

Als einer der ältesten Motorradfabriken der Welt kann die österreichische Firma Puch auf eine lange Tradition von hervorragenden Straßenmotorrädern zurückblicken. Vor allem die berühmten Doppelkolben-Zweitaktmotoren begründeten den Ruf der Steirer. Weniger bekannt ist das letzte „echte“ Motorrad aus Graz Thondorf, die für damalige Zeiten mit einem hochmodernen Motor bestückte M 125.
Als die M 125 1966 auf den Markt kam, hatten die Grazer schon 10 Jahre lang kein neues Straßenmotorrad mehr entwickelt. Mit dem modernen Einzylindermotor mit hartchrombeschichtetem Zylinder sowie dem grazilen Stahlrohrrahmen wandten sich die Konstrukteure endgültig ab vom Doppelkolben und aus Blech gepreßten Schalenrahmen. Die Neuentwicklung hatten einen guten Grund, denn in den Zeiten des Wirtschaftswunders und des aufkommenden Motorrad- Booms waren die kleinen Puchs vor allem im ländlichen Raum sehr beliebt. Führerscheinbesitzer, die ihren "Deckel" vor 1955 machten, bekamen damals mit der Klasse B (PKW) als Draufgabe den "kleinen A" für Motorräder bis 125 ccm Hubraum gleich gratis dazu. Eine Regelung, die umweltschonend und verkehrsentlastend die kleinen Bikes als das ideale Zweitfahrzeug förderte und bis Anfang der Siebziger für einen steten Absatz der Achtelliter- Maschinen sorgte und heute in etwas abgewandelter Form wieder praktiziert wird.

Nur etwas über 10.000 Stück des kleinen Einzylinders wurden laut dem Puch- Buch von Spezialisten Fritz Ehn in den Jahren 1966 bis 1971 gefertigt, davon nur ca 1.700 "De Luxe"- Versionen, wie das hier vorgestellte Modell. Dementsprechend rar sind auch heute die Ersatzteile, ganz im Gegensatz zu den in wesentlich größeren Stückzahlen gefertigten Doppelkolben-Modellen.
Im Fahrbetrieb gibt sich das immerhin schon über 30 Jahre alte (und nie restaurierte) Motorrad erstaunlich unkompliziert. Benzinhahn auf, den Choke-Hebel am 26er Bing Vergaser reingedrückt, dann Fluten bis zarter Benzingeruch den Überlauf ankündigt. Meist auf den ersten Tritt bellt der Zweitakter los, zünftig im Klang, um nicht zu sagen laut. Kräftig zieht der Motor an, ohne die damals obligate Rauchfahne. Heutiges modernes Zweitaktöl erlaubt ein Gemisch im Verhältnis 1:50, der Motor verträgt dies ohne Murren. Mit den gebotenen 12 PS bei 7.000 U/min und einem Eigengewicht von nur 96 Kg ist man auch heute noch ganz gut motorisiert. Diese Leistung blieb übrigens während der ganzen Produktionszeit gleich, nur die einsitzigen Versionen für die österreichische Post bzw. die Norwegen- Ausführung mußten sich mit etwa der Hälfte begnügen.
Auch schon 1971 nicht mehr zeitgemäß war das klauengeschaltete Vierganggetriebe. Obwohl der mit einem Bohrungs/Hub Verhältnis von 55 zu 52 mm fast quadratisch ausgelegte Motor im unteren Drehzahlbereich relativ viel Kraft bietet, fehlt vor allem beim Sprung vom dritten auf den vierten Gang etwa bei Gegenwind oder auf leichten Steigungen der Anschluß. Etwa 100 km/h sind problemlos erreichbar, auch moderne 125er sind meist nicht viel schneller. Die Bremsen wurden von den letzten Doppelkolben- SV Modellen übernommen und haben mit dem Leichtgewicht kaum Probleme, eher schon die mit einem Federweg von 110 mm recht komfortable Gabel, deren dünne Standrohre sich bei Vollbremsungen jämmerlich biegen.
Das Fahrwerk selbst ist recht stabil, interessanterweise rollt die M 125 auf schon wieder modischen 17 Zoll Rädern.

Die Ausstattung ist trotz der Bezeichnung "De Luxe" recht spartanisch, sie bezieht sich auf die Blinkanlage, das mittels eines einfachen Kippschalters zu betätigenden Standlichtes sowie einer Tachobeleuchtung. Eine genial einfache Lösung ist die trickreiche Schaltung der grünen Ladekontrolleuchte über den Bremslichtschalter am Fußbremshebel. Bei Betätigung der Fußbremse, erlischt sie und ist so gleichzeitig eine Kontrolle für die Funktion des Bremslichtes. Gefallen konnten und können auch noch heute die langen Alu- Hebeln, die in Verbindung mit dem wahlweise erhältlichen flachen Lenker allerdings eine nicht gerade glückliche Verlegung der Bowdenzüge erfordern. Ein Rückspiegel wurde nach den Bildern auf zeitgenössischen Prospekten und in der Bedienungsanleitung offensichtlich vom Werk nicht geliefert, der auf unserem Fotomodell ist zumindest zeitgenössisch und vor allem praktisch.

Im Reigen der damaligen Konkurrenz vor allem aus Japan wirkte die M 125 Anfang der 70er wie ein größeres Moped. Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, als die Grazer ihre erfolgreiche 50er Palette optisch der 125er so perfekt angepaßt hatten, daß auch für den Kenner nur mehr ein Blick auf dem Motor eine Unterscheidung möglich machte. Obwohl im Versuch bereits erfolgreich etwa eine Version mit 175 ccm und eine "verdoppelte" zweizylindrige 250er liefen, stellten die Grazer 1971 die Produktion ihres letzten Straßenmodells ein. Eigentlich sehr schade, denn hinsichtlich Leistung und Verarbeitung könnte die kleine Puch mit modernem Outfit und einem Sechsgang Getriebe auch heute noch bestehen...
Technische Daten M125
Motor
Leistung: 12 PS/7000U/min
Bohrung: 55mm
Hub: 52mm
Hubraum: 123,5ccm
Verdichtung: 11 : 1
Schmierung: 1:25
Getriebe: 4-gang
Vergasereinstellung
Vergaser: Bing 26mm
Hauptdüse: 105
Leerlaufdüse: 30
Nadeldüse: 2,73
Nadelposition: 3. Raste von oben
Leerlaufluftschraube: ca. 1,75 Umdrehungen offen
Zündungseinstellung
Unterbrecherabstand: 0,4mm
Vorzündung: 2,5 - 3,0 mm vor OT
Polschuhabriß 20-25mm
Füllmengen
Getriebe 0,6 Liter
Benzintankinhalt:
kleiner Tank 9 Liter
großer Tank 12 Liter
Gabel: 135 ccm pro Holm
Federbeine: 55 ccm pro Federbein
Kette/Übersetzungsverhältnis
Kette: 1/2x1/4“ 114 Rollen
Übersetzung: 14/42
Gewicht:
Leegewicht: 96 kg
Gesamtgewicht: 260 kg
Reifendruck/Bereifung
vorn/hinten: 1,75/1,75 1 Person
vorn/hinten: 2,50/2,50 2 Personen
Reifengröße: 2,50 - 17“ vorn
Reifengröße: 3,00 - 17" hinten
Fahrleistungen:
Höchstgeschwindigkeit: 105 km/h
Steigfähigkeit: 40%
Verbrauch: Werksangabe 4Liter/100km—